Margret Köll — L’arpa Barberini

Duo

L’arpa Barberini

With Roberta Invernizzi (Sopran)

Ein Gemälde von Giovanni Lanfranco (ca.1630) im Palazzo Barberini in Rom zeigt Venus an einer reich geschmückten dreireihigen Harfe, die Bienen aus dem Wappen dieser Familie kreisen um die Krone auf der üppig verzierten goldenen Säule, welche von keinem geringeren als dem Architekten Gian Lorenzo Bernini entworfen wurde.

Diese Harfe existiert heute noch im “Museo degli strumenti” in Rom und ist nicht nur das schönste sondern auch das interessanteste Modell einer barocken italienischen Harfe.

Durch den Einfluss der mächtigen Kardinäle aus der Familie Barberini sowie Kardinal Montalto, wurden viele Musiker, Komponisten und Poeten in Rom Anfang des 17.Jhtdts. zu neuem Schaffen angeregt. Ein neuer Stil ist entstanden, die Monodie – der Kunstförderer Vicenzo Giustiniani der Jüngere nennt dafür Aria und Grazia, neben der Sprezzatura, das Singen ohne messbaren Rhythmus, als ob die Musik mit einer gewissen Nonchalance gesprochen wird. Rom mit seiner zu dieser Zeit berühmtesten Schule des Gesangs war der ideale Ort dieses Vorläufers der Oper.

Typischerweise wurden diese Monodien und Kantaten in privaten Palästen aufgeführt, vor einem Publikum, welches diese Displays von Bravour sowohl der Poesie als auch der Musik zu schätzen wussten.

Die ersten Komponisten für dieses neue Genre waren Luigi Rossi und Orazio Michi, später dann Marco Marazzoli.

All diese Namen sind sehr eng mit der Harfe verknüpft: Orazio Michi (Orazio dell´Arpa) war selbst Harfenist und Komponist, heute unbekannt war er damals der Lieblingsmusiker im 170 köpfigen Haushalt des Kardinal Montalto´s, auch war er maßgeblich an der Entwicklung des dreireihigen Harfentypus beteiligt.

André Maugars, der französische Gambist schrieb 1639, dass es zu dieser Zeit in Italien keine besseren Musiker gab als Orazio Michi auf der Harfe und Girolamo Frescobaldi als Organist und Cembalist.

Luigi Rossi, dessen Bruder Giancarlo die Harfe spielte, war mit der Harfenistin Constanze de Ponte verheiratet. Von ihm gibt es ein wichtiges Manuskript mit einer Sammlung von Solostücken auf einem Tasteninstrument oder der Harfe zu spielen, er galt als der beste Kantatenkomponist seiner Zeit.

Marco Marazzoli war Komponist, Sänger und Harfenist, er hatte das Gemälde von Lanfranco in Auftrag gegeben, um es nach seinem Tod seinem Mäzen Kardinal Barberini zu vererben, der seinerzeit diese wunderbar verzierte Harfe in Auftrag gegeben hatte. Er war neben Orazio Michi der berühmteste Spieler der Barberini-Harfe. Zu seinen prominenten Gesangsschülerinnen gehörten die Königin von Schweden und die Prinzessin von Palestrina.

Die Tradition der mehrreihigen Harfe in Italien nahm ihre Anfänge in Neapel im 16.Jhdt., als die Stadt für zweihundert Jahre unter spanischer Krone war. Im Kreis des exzentrischen Prinzen, Lautenisten und Komponisten Carlo Gesualdo, der zusammen mit Giovanni de Macque und dem Harfenvirtuosen Gian Leonardo dell´Arpa einen Club zur Verfeinerung des musikalischen Geschmacks gegründet hat (“societá della propaganda per l´affinamento del gusto musicale”), wurden die strengen musikalischen Strukturen der Renaissance ins Wanken gebracht und erscheinen uns durch ihre blitzschnellen Harmonie- und Affektwechsel noch heute als sehr kontemporär. So entstand ein neuer Raum zwischen den Konsonanzen und Dissonanzen, wo sich der stylus fantasticus in seinen Anfängen zu entfalten sucht.

Diego Ortiz, ein spanischer Komponist, war in Neapel als “maestro di capella” tätig und hat in Rom seine wichtige Abhandlung “Tradado de Glosas” publiziert. Neben Anweisungen zur Aufführung von Diminutionen auf der Viola da Gamba, die sowohl für Instrumentalisten und Sängern relevant sind, zeigen diese Modellstücke, wie Kontrapunkte zu schon existierenden Stücken ausgeführt werden, als Wegweiser zur improvisierten Diminutions- und Kontrapunktkunst.

Auch Sigismondo d´India der Gentleman aus Palermo, verbrachte einige Zeit in Neapel und kam dort in Berührung mit der Harfe, die er in seinen Gesangsbüchern neben anderen Instrumenten als Continuoinstrument vorschlägt. In Rom angekommen, war er im Entourage des Kardinal Moritz von Savoyen, Papst Urban VIII. (Maffeo Barberini) widmete er eine Messe. Selbst Monteverdi lobte seinen expressiven Stil und seine raffinierte Art die Poesien der besten Dichter jener Zeit zu vertonen.

Girolamo Kapsberger, der deutsche Kavalier, kam Anfang des 17.Jhdts. nach Rom, wo er in päpstliche Dienste trat und sich unter dem Namen Giovanni Geronimo Tedesco della Tiorba bald einen Namen machte. Er hat Gedichte des Papstes Urban VIII. vertont.

Die Familie Barberini war der wichtigste Förderer für eine ganze Reihe von Komponisten und Musikern, Gelehrten und Baumeistern, Urban VIII. war sicherlich der grösste Kunstpapst. Der Jesuite und Universalgelehrte Athanasius Kircher, der Zeit seines Lebens in freundschaftlichem Kontakt mit der Familie Barberini war und als wissenschaftliche Feuerwehr des Papstes bezeichnet wurde, war der Meinung, der wichtigste Zweck der Musik bestehe darin, die Affekte im Sinne der menschlichen Emotionen oder Gemütsbewegungen widerzuspiegeln und anzuregen.

Adriana Basile, eine “Signora napolitana” war eine der grössten gefeierten Sängerinnen in Rom und begleitete sich selbst dabei auf einer goldenen Harfe:

“Ein Zuhörer war so begeistert und verzaubert von der Harfenistin Adriana Basile, dass er völlig bewegungslos blieb und schon fürchtete, sich in einen Stein zu verwandeln. Dabei erklangen die Saiten in so perfekter Übereinstimmung mit den Anforderungen der Stimme, dass ihr Klang oder ihr Nachhall niemals die Grenzen des Wohlklanges überschritt.”

 

Roberta Invernizzi

Roberta Invernizzi

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Photo essays

Rome

Lanfranco’s painting Allegoria della Musica in the Roman Palazzo Barberini family shows Venus on a richly decorated, three-row harp. Documentation of the Palazzo Barberini and the original harp in the Museo degli Strumenti Musicali, during a trip in January 2014.

Special thanks to Dott.ssa Maria Selene Sconci – Direttore Museo Nazionale degli Strumenti Musicali, Soprintendenza Speciale P.S.A.E. e Polo Museale della città di Roma.

Photos: Armin Linke.